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1
Schach-WM 2014, Tag 1
Magnus Carlsen
Viswanathan Anand
Partie beendet
Gesamtstand
Magnus Carlsen
6,5:4,5
Viswanathan Anand
Ergebnisse der einzelnen Partien
 
weiß
 
schwarz
08.11.
V. Anand
M. Carlsen
09.11.
M. Carlsen
V. Anand
11.11.
V. Anand
M. Carlsen
12.11.
M. Carlsen
V. Anand
14.11.
V. Anand
M. Carlsen
15.11.
M. Carlsen
V. Anand
17.11.
M. Carlsen
V. Anand
18.11.
V. Anand
M. Carlsen
20.11.
M. Carlsen
V. Anand
21.11.
V. Anand
M. Carlsen
23.11.
M. Carlsen
V. Anand
25.11.
V. Anand
M. Carlsen
 
Letzte Aktualisierung: 23:36:57
 
Vielen Dank an alle, die reingeschaut haben. Mit der zweiten Partie geht es weiter am Sonntag wieder um 13.00. Ich werde dann wieder live die Partie begleiten, so wie die gesamte WM.
 
Aus meiner Sicht war das ein interessanter Auftakt. Zu Beginn schien Anand einen Vorteil zu besitzen, aber Carlsen spielte sehr akkurat. Er befreite sich aus der Umklammerung und schaffte es auf seine unnachahmliche Art und Weise in einem besseren Endspiel zu landen. Hier agierte Anand kurz vor der Zeitkontrolle etwas ungenau, riß sich aber nach dem 40. Zug zusammen und fand wieder gute Züge, die ihm das Remis sicherten.
 
Das Ende kam jetzt etwas plötzlich, aber so geht das manchmal. Die Spieler fiden keinen Weg zum Weiterspielen, in diesem Fall Carlsen, und lassen das Remis durch Dauerschach zu.
Remis
In der Tat. Die Partie endet nach dem 48. Zug von Weiß mit Remis.
 
So, das sieht jetzt nach remis durch Dauerschach aus, oder hat Carlsen noch was in petto?
 
44...Te7 45.Dd5 Te1 46.Dd7+ Kh6 47.Dh3+ Kg7 48.Dd7+
 
Eine weitere Möglichkeit für Schwarz ist jetzt 44....Tg2, um die Diagonale h1-a8 zu plombieren und das Eindringen der weißen Dame zu verhindern.
 
44....Txh2 45.Db7+ Kh6 46.Db8 sollte Weiß jetzt genügend Gegenspiel zu geben.
 
Das scheint der einzige Zug zu sein, der Weiß am Leben hält. Jetzt droht unter Umständen das Eindringen der weiße Dame in die schwarze Stellung über b7.
 
44.Dh1
 
So, Carlsen hat letztendlich zum b-Bauern gegriffen. Für mich mit Abstand der logischste Zug, der auch ästhetisch zu gefallen weiß. Weiß darf diesen Bauern wegen des Schachs auf c4 nicht schlagen. Was kann Weiß jetzt machen?
 
43...b5
 
43...Txh2 kommt aus meiner Sicht nicht in Frage. Warum soll man diesen schwachen Bauern auf h2 gegen den "guten" Bauern auf b7 tauschen? Auch der Rückzug 43...Te7 kann es ja nicht sein.
 
Mir ist nicht klar, worüber Carlsen hier länger nachdenkt. Außer 43...b5 kommt eigentlich nur 43...b6 in Frage. Das Schlagen auf b7 muss man ja auf jeden Fall verhindern. Wahrscheinlich versucht er die Folgen so präzise wie möglich zu berechnen.
 
Außerdem droht 44.Txb7+. Schwarz hat jetzt aber einen schönen Zug in petto mit 43...b5! Dieser Zug ist stark, weil 44.Txb5 an 44...Dc4+ mit Verlust des Turmes scheitert.
 
43.Tb4 Schwarz drohte matt auf b2, deswegen war dieser Zug Pflicht. 43.Td7+ nebst Schlagen auf b7 war wegen 43...Dc4+ nebst 44...De6 nicht möglich.
 
42...Te2
 
Anand stellt den Turm wieder besser. Er musste aber Züge wie 42...Te3 und 42...Te4 berechnen.
 
42.Td4
 
Wie schwierig die Stellung zu verteidigen ist, merkt man auch daran, dass Anand schon wieder über 15 Minuten nachdenkt.
 
Wir sollten nicht vergessen, dass Schwarz auch den Bauern auf h2 angreift, obwohl ich mir vorstellen kann, dass Carlsen mit seinen Schwerfiguren sich lieber dem weißen König widmen würde.
 
Eine nette Drohung in dieser Stellung lautet übrigens 41...Te3 nebst 42...Txa3+!
 
Wir fassen nochmal zusammen. Schwarz steht besser, weil er die bessere Bauernstruktur hat und weil er die aktiveren Schwerfiguren besitzt.
 
Unangenehm sieht auch die Drohung 41...b5 aus, womit Schwarz auch den b-Bauern am Damenflügel in Gang setzen würde.
 
Weiß muss jetzt allerlei Varianten berechnen und nimmt sich wieder Zeit. Droht z.B. 41...Te2?
 
40...Dc2
 
40...Tc7 ist auch eine Idee, um evtl. den Damentausch über c4 anzubieten. Das würde zu einem besseren Turmendspiel für Schwarz führen.
 
Carlsen nimmt sich Zeit. Er denkt bestimmt auch über 40...Dc2 nach, um mit der Dame weiter in die weiße Stellung einzudringen.
 
Die Stellung sollte bei bester Verteidigung immer noch remis sein, aber jeder Fehler mit Weiß und die Niederlage ist perfekt. Das wäre natürlich eine mittlere Katastophe für Anand, wenn die WM so starten würde.
 
Der Rückzug des Turmes ist ein guter Zug, weil er den Status Quo aufrecht erhält und mehr kan Weiß grade nicht machen. Er muss seine Stellung zusammenhalten. Anand dachte fast 16 Minuten über diesen Zug nach und das zeigt, dass er angespannt ist.
 
40.Td1
 
Ein weiteres Problem ist, dass Weiß das Feld d5 auch im Auge behalten muss. So etwas wie 40.Tb6 mit der Idee den Turm nach b4 zu überführen, funktioniert nicht wegen 40...Dd5+ 41.Ka1 Te3 und die schwarzen Schwerfiguren fallen über den weißen König her.
 
Die Dame auf f1 steht schlecht. Sie kann ihren Posten allerdings kaum verlassen, weil sie den Bauern f4 und das Feld c4 decken muss, um das Schach zu verhindern. So eine Stellung ist in der Praxis sehr schwierig zu spielen, weil man auch anfängt mit sich zu hadern: "Wie konnte ich nur in so eine Stellung reingeraten?" ist in solchen Fällen eine übliche Frage an sich selbst. Kann sich Anand nochmal zusammenreißen?
 
Die Partie beginnt wieder neu. Wir haben eine Situation wie bei der WM im letzten Jahr in Chennai, als Vishy reihenweise in Stellungen reingeriet, die plötzlich schwierig zu verteidigen waren. Wie aus dem Nichts schafft Carlsen seine Stellung Zug für Zug zu verbessern, während es Anand an manchen Stellen an Präzision vermissen lässt.
 
Carlsen hat jetzt Vorteil. Er hat die bessere Bauernstruktur und seine Schwerfiguren sind beide im Spiel. Außerdem hat er den Damenflügel zu seinem Gunsten festgelegt. Die weißen Schwerfiguren dagegen harmonieren nicht mehr wie vor einigen Zügen.
 
40.Df1 a4
 
Hmm. Anand hat die Zeitkontrolle geschafft, aber irgendwas ist schief gelaufen. Die Dame steht jetzt sehr seltsam. Geht hier noch was?
 
39.Dc1 a5 40.Df1
 
Anand muss jetzt ein wenig aufpassen, denn 39...Dc4+ wäre unangenehm.
 
Beide Spieler habe noch sechs Minuten, um zwei Züge bis zur Zeitkontrolle zu ziehen.
 
Carlsen hat jetzt endlich seinen Turm aktiviert über e7, aber das ändert kaum etwas an der Bewertung.
 
38...Te7
 
Anand verzichtet auf den Turmtausch. Vernünftig, denn er hat den aktiveren Turm.
 
36...Dc6 37.Td6 De4+ 38.Ka2
 
Das lässt Anand aber nicht zu. Er bereitet mit 36.Td7 den Tausch des Turmes vor.
 
Falls Carlsen hier das Gleichgewicht stören möchte, müsste er irgendwie seinen passiven Turm ins Spiel bringen. Gibt es einen Weg?
 
Carlsen nervt mit seiner Dame auf er 5. Reihe ein wenig rum, aber Anand lässt sich nicht beirren.
 
32.f4 Dh5 33.Dd2 Dc5 34.Td5
 
Beginnend mit 28.d6 hat Anand die Stellung vereinfacht. Es ist kaum noch Material übrig. Weiß hat zwar immer noch die etwas schlechtere Bauernstruktur, aber dafür den aktiveren Turm. Es herrscht dynamisches Gleichgewicht.
 
Das Remis wird immer wahrscheinlicher.
 
Die Spieler sind jetzt im Blitzmodus. Die Stellung ist zu einfach für beide, um noch einen spielentscheidenden Fehler zu begehen.
 
28.d6 exd6 29.Dd4 Tf7 30.fxg6 hxg6 31.Txd6 a6 32.a3 Da5
 
Keine Sperenzchen. Schwarz deckt den Bauern e7.
 
27...Td7
 
Es gibt auch den verrückten Zug 27...Dxh2. Das sieht aber nach Selbstmord aus, weil 28.Txe7+ das Eindringen des weißen Turmes auf der 7. Reihe erlauben würde.
 
Schwarz muss jetzt den Bauern e7 decken, wahrscheinlich mit 27...Td7. 27...Kf7 erlaubt dagegen 28.Dh6 und ich bezweifle, dass man mit Schwarz zulassen möchte, dass die weiße Dame so aktiv in die schwarze Stellung eindringt.
 
27.De3
 
Carlsen verzichtete auf das Schlagen des Bauern auf f5 und möchte lieber den Vorstoß des weißen d-Bauern verhindern. Das sieht alles sehr remisig aus jetzt. Weiß könnte jetzt den Druck auf e7 mittels 27.De3 vergrößern.
 
26.Txe6 Td8
 
Carlsen parierte die Drohung einfach durch den Tausch eines Turmes. Das Problem ist, dass Schwarz jetzt auf f5 schlagen und einen Bauern gewinnen kann. Das wäre zwar nur ein Doppelbauer und das würde auch die schwarze Königsstellung etwas schwächen, aber ein Bauer ist ein Bauer. Wird Carlsen zuschnappen?
 
25...Txe6 26.Txe6
 
25.Tde1 Anand verdoppelt die Türme auf der e-Linie und stellt die Drohung 26.Txe7+ mit Gewinn der Dame auf. Das kann Schwarz natürlich parieren.
 
Objektiv befindet sich die Stellung innerhalb der Remisbreite, aber Anand denkt länger nach und das zeigt, dass er sich nicht besonders wohl fühlt in seiner Haut. Was berechnet er die ganze Zeit? Er versucht einen Weg zu finden, wie er Schwarz schnell "überreden" kann, ins Remis einzuwilligen, sprich er versucht einen präzisen Weg zu finden, um die Stellung so zu vereinfachen, dass es für Schwarz keinen Sinn macht weiterzuspielen.
 
Weiß könnte sich jetzt ein Luftloch machen mit 25.a3, um die Grundreihenschwäche aufzuheben, oder er könnte am Königsflügel vielleicht vorstürmen mit 25.h4. Prinzipiell sollte Weiß den Tausch von Bauern anstreben, um die schwarzen "Gewinnmöglichkeiten" zu reduzieren. In diesem Sinne ist der Vorstoß des h-Bauern, der ja eigentlich schwach ist, zu empfehlen, um ihn gegen einen der schwarzen Kollegen am Königsflügel abzutauschen.
Bedenkzeit
Anand hat noch gut 40 Minuten, Carlsen noch 27 Minuten bis zur 1. Zeitkontrolle im 40. Zug, aber das wird kein Faktor sein. Dafür stehen einfach zu wenig Figuren auf dem Brett.
 
24...Tc8 Carlsen kontrolliert jetzt die Partie. Seine Schwerfiguren sind alle gut postiert und er besitzt die bessere Bauernstruktur.
 
23...Dc7+24.Kb1 Carlsen wird jetzt innerlich jubilieren. Er hat seinen Gegner genau dort, wo er ihn haben möchte. Mit Schwarz hat er ein besseres Endspiel gleich in der 1. Partie des WM-Kampfes. Ob der Vorteil objektiv ausreicht, um ihn zu einem Sieg zu verwerten, spielt hier keine Rolle. Er hat den psychologischen Vorteil auf seiner Seite. Anand muss jetzt den Rest der Partie verteidigen.
 
Wow, jetzt haben wir das gerade von mir skizzierte Endspiel nach 22.f5 Sxe6 23.Txe6. Keine Frage, Schwarz hat jetzt kein Problem mehr in dieser Stellung. Anand hat offensichtlich erkannt, dass er nicht mehr auf Vorteil spielen kann und versucht schnell ein ausgeglichenes Endspiel anzustreben.
 
Anstatt den Läuffer zurückzuspielen, könnte er auch 22.f5 ziehen. Das sieht aktiv aus, aber Schwarz bleibt cool und tauscht einfach auf e6 ab, z.B. mit 22...Sxe6 23.Txe6 Txe6 24.fxe6 und verbleibt mit dem etwas besseren Endspiel, da seine Schwerfiguren aktiv sind und weil der weiße d-Bauer sehr gut blockiert werden kann.
 
Was passiert jetzt eigentlich, wenn Weiß 22.Lh3 zieht und Schwarz sich entscheidet mit 22...e6 fortzufahren? Das sieht stark aus für Schwarz, weil es nicht nur den Bauern d5 angreift, sondern auch den rückständigen Bauern loswird. Ich habe den Eindruck, dass Weiß jeglichen Vorteil, falls er überhaupt jemals welchen besaß, verloren hat.
 
Hmm, ich sehe eine Remisschaukel am Horizont erscheinen. Anand zieht den Läufer nach h3, Carlsen zieht den Springer nach f7, Anand zieht den Läufer wieder zurück nach e6 usw.
 
21...Sd8 Carlsen greift den starken Läufer auf e6 an. Anand wird den Tausch nicht erlauben und ihn höchstwahrscheinlich nach h3 zurückziehen.
 
21.The1 Anand spielt auch diesen Zug schnell. Er ist logisch, da er die letzte passive Figur ins Spiel bringt.
 
Carlsen setzt mit 20...Td6 fort. Das macht das Feld d8 frei und bietet zwei Möglichkeiten. Schwarz kann den Springer nach d8 führen, um den Läufer auf e6 anzugreifen, oder Schwarz kann die Türme verdoppeln, um den Druck auf den Isolani auf d5 zu vergrößern. Mir scheint die erste Option sehr nervig für Weiß, da Anand den Tausch der Leichtfiguren niemals erlauben darf. Das würde ihn in eine furchtbar schlechtes Schwerfigurenendspiel katapultieren.
 
Und in der Tat. Anand überlegt nicht lange und spielt seine Dame zurück nach d2. 20.Dd2.
 
Carlsen antwortet ohne nachzudenken 19...Db6 und bietet den Damentausch an. Da er über die bessere Bauernstruktur verfügt, scheint der Übergang ind Endspiel keine Option zu sein für Weiß.
 
Und in der Tat. Anand spielt 19.Le6 und verhindert, dass Schwarz den e-Bauern vorstößt.
 
Das Schlagen auf a7 scheint übrigens keinen Sinn zu machen, da Schwarz ...Ta8 spielen und sich auf a2 bedienen würde.
 
Spontan würde ich sagen, dass ich als Weißer den schwarzen e-Bauern gerne auf e7 halten würde, da er dort rückständig bleibt.
 
Außerdem erhält Carlsen durch seinen letzten Zug die Möglichkeit ...e5 zu spielen. Das Schlagen mit en passant, also dxe6 würde sich daraufhin verbieten, weil Schwarz auf d4 die Dame schlagen und entscheidend Material gewinnen würde.
 
18...Tad8. Carlsen zentralisiert einen der Türme. Das ist sinnvoll, um Druck gegen den Bauern d5 auszuüben.
 
Mir scheint, dass Weiß zumindest einen leichten Vorteil besitzt in dieser Stellung, bzw. dass seine dynamischen Möglichkeiten den strukturellen Nachteil nicht nur kompensieren, sondern ihm sogar die besseren Chancen bieten.
 
Der Nachteil des letzten schwarzen Zuges ist, dass er dem Springer das natürliche Feld d6 nimmt, allerdings ist das nicht aus der Welt. Mir fällt es jetzt schwer, einen guten Plan für Schwarz zu finden, während die weißen Züge sofort aufblinken. Anand kann z.B. Druck auf der e-Linie aufbauen oder den König am Damenflügel besser absichern.
Bedenkzeit
Carlsen ist runter auf 46 Minuten, Anand hat noch 1 Stunde und 12 Minuten bis zum 40. Zug.
 
17...Dd6. Ein logischer Zug. Schwarz greift mit Tempo den Bauern f4 an. Weiß wird ihn jetzt wahrscheinlich mit 18.Dd4 decken.
 
Anand entscheidet sich für 17.f4. Offensichtlich möchte er nicht den Ritt des Springers nach g5 erlauben.
 
Die Züge, die für Weiß jetzt in Frage kommen, sind 17.Kb1, um dem König mehr Sicherheit zu bieten oder 17.The1, um den Turm ins Spiel zu bringen. Vielleicht ist aber auch 17.f4 ein guter Zug, um zu verhindern, dass der Springer nach g5 geht.
 
Ich bin mir nicht sicher, ob es nicht etwas besseres als diesen Rückzug gab. Es kam auch in Frage, sofort am Damenflügel mit Zügen wie ...Dd6 und ...b5 Gegenspiel zu suchen.
 
Es ist logisch diesen Springer auf d6 zu postieren, wo er völlig unangetastet stehen würde. Im Gegenzug erhält Weiß aber freie Sicht auf den Bauern e7.
 
16...Sf7 Carlsen zieht freiwillig seinen Spriger zurück nach f7.
 
Und vergessen wir nicht. Anand gehört zu den Spielern, die ein fantastisches Gefühl für Dynamik besitzen. Je länger ich auf die Stellung schaue, desto besser gefällt sie mir für Weiß. Durch das Schlagen auf d5 mit dem Bauern hat Weiß auch die e-Linie geöffnet, auf der er mit seinen Türmen Druck gegen den Bauern e7 ausüben kann. Den Springer auf e5 kann er zu diesem Zwecke jederzeit mit dem Vorstoß f4 vertreiben.
 
Im Gegenzug vertraut er offensichtlich auf die dynamischen Möglichkeiten, die seine Stellung ihm verspricht. Z.B. sieht das Feld e6 sehr gut aus. Dort kann er seinen Läuer für ewig einpflanzen.
 
Hach. So kann man sich irren. Anand zieht 16.exd5 und nimmt eine weitere Verschlechterung seiner Bauernstruktur in Kauf. Jetzt hat er einen Isolani auf d5 und diesen Doppelbauern auf der f-Linie.
 
Anand nimmt sich etwas Zeit, aber aus meiner bescheidenen Sicht kommt nur das Schlagen mit dem Turm in Frage. Das Schlagen mit dem Bauern würde seine Bauernstruktur enorm verschlechtern.
 
Carlsen entscheidet sich, sofort auf d5 zu nehmen und hier die Fronten sofort zu klären. Der Tausch des c- Bauern gegen den weißen d-Bauern kommt Schwarz prinzipiell zugute. Es war nur nicht klar, ob er diesen Tausch hinauszögern soll.
 
15...cxd5
 
Generell braucht Schwarz auch einen Übergang ins Endspiel nicht zu fürchten, da er über die stabilere Bauernstruktur verfügt. Aber ich denke, das werden wir sobald eh nicht sehen. Das verspricht immer noch eine sehr taktische Angelegenheit zu werden.
 
15...Dd6 kommt auch in Frage, um die Dame zu entwickeln und das Feld d8 für einen der schwarzen Türme freizumachen. 16.Dxb7 sieht daraufhin sehr riskant aus, da die b-Linie geöffnet wird und Schwarz dort zu einem starken Angriff kommen kann.
 
15...Db6 scheint jetzt logisch, um die Dame aus der d-Linie zu entfernen, wo sie jederzeit einem Angriff des weißen Turmes ausgesetzt werden könnte. Außerdem greift die Dame auf b6 den Bauern auf f2 an.
 
Weiß "droht" jetzt mit 16.dxc6 einen Bauern zu gewinnen, aber wie gesagt, Schwarz hat vielleicht nichts gegen die Öffnung des Damenflügels einzuwenden, auch wenn er dafür einen Bauern opfern müsste.
 
Wir haben Züge! Anand entscheidet sich mit der Dame den Spriger anzugreifen und den Läufer auf h3 aufzustellen. Das macht alles Sinn. Lh3 ist prophylaktisch, um das Feld c8 zu kontrollieren.
 
14.Dc3 f6 15.Lh3
 
Das Feld c8 zu kontrollieren ist wichtig, da ein dort auftauchender Turm den König oder eine auf c3 auftauchede Dame in Bedrängnis bringen könnte. Anand denkt jetzt bestimmt nach, in welcher Reihenfolge er die Züge Dc3/f4 und Lh3 spielen soll. Es geht hier um Feinheiten.
 
Weiß muss sich auch überlegen, was er mit seinem noch unentwickelten Läufer macht. Es bietet sich an, ihn auf h3 zu stellen. Von dort würde er das Feld c8 kontrollieren und verhindern, dass ein Turm auf c8 auftaucht.
 
Prinzipiell scheint Carlsen mit seinem letzten Zug auch bereit zu sein, einen Bauern zu opfern, um den Damenflügel zu öffnen. Dort steht ja der weiße König und die Öffnung von Linien auf dieser Seite des Brettes ist ein Bauernopfer bestimmt wert.
 
Das ist eine kritische Stellung. Wir befinden uns im Übergang von der Eröffnung in das Mittelspiel. Die nächsten Züge entscheiden, in welche Richtung sich die Partie entwickelt. Kann Anand den psychologischen Vorteil, den er sich durch eine gute Vorbereitung erarbeitet hat, jetzt nutzen, um sich auch auf dem Brett eine vorteilhafte Stellung zu erarbeiten?
 
Weiß denkt wahrscheinlich auch direkt über 14.f4 nach, um den Springer sofort zu vertreiben.
 
Zurück zur aktuellen Stellung nach 13...c6. Anand fängt zum ersten Mal an nachzudenken. Was kommt in Frage? 14.Dc3 sieht logisch aus, um den Springer anzugreifen. Der dürfte dann nicht ziehen, weil sein König auf der gleichen Diagonale dahinter postiert ist. Man spricht in so einem Fall von einer Fesselung des Springers. Schwarz müsste also den Springer decken, z.B. mit 14...f6, was gleichzeitig die Diagonale plombieren würde.
 
Ein Blick in den Datenbanken verriet mir, dass die ganze Variante in der Vergangenheit sehr gut punktete für Schwarz, doch Anand spielte mit 11.Lxg7 einen neuen Zug, der die Bewertung der Variante vielleicht ändert.
 
Der letzte schwarze Zug ist superlogisch, da er, wie unten erwähnt, die c-Linie öffnen möchte, um dem weißen König auf c1 "Hallo" zu sagen, sprich ihn im geeigneten Moment zu attackieren.
 
Nach längerem Nahdenken spielt Carlsen 13...c6. Damit gießt er Öl ins Feuer, denn jetzt gibt es einige schwierige Varianten zu berechnen.
 
Carlsen denkt jetzt schon länger nach, wow. Wahrscheinlich kennt er diese Stellung nicht mehr und ist jetzt am Brett auf sich alleine gestellt. Neben 13...c6 kommt auch die Entwicklung der Dame mit 13...Dd6 in Frage. Logisch wäre dann 14.f4, um den Springer von seinem schönen Posten auf e5 zu vertreiben.
 
Ein Kommentar zur Eröffnung allgemein. Es überrascht ein wenig, dass Carlsen mit Schwarz diese Eröffnung wählte, denn sie gilt als sehr forciert, sprich die Varianten sind sehr weit ausanalysiert und man muss sich unglaublich gut auskennen, um nicht schon in der Eröffnung einen Nachteil in Kauf zu nehmen. Anand gilt als der bessere Spieler in der Eröffnung und es gefällt ihm forcierte Varianten zu spielen. Carlsen dagegen bevorzugt eigentlich eher "lahme" Eröffnungen und weicht theoretischen Diskussionen aus. Und das hier ist definitiv eine theoretische Diskussion.
 
Für Schwarz spricht, dass schon viele Figuren getauscht wurden. Dadurch macht sich der Raumnachteil kaum bemerkbar. Logisch erscheint ein Zug wie 13...c6, um das weiße Zentrum sofort zu attackieren und um evtl. die c-Linie zu öffnen. Auf dieser Linie könnte Schwarz einen Angriff auf den weißen König starten.
 
Die Kontrahenten spielen bislang so schnell, dass einem kaum Zeit zum Luftholen bleibt. Der Start dieser Partie darf als vorteilhaft für Anand gewertet werden. Er hat eine Stellung auf dem Brett, die er offensichtlich in seiner Vorbereitung analysiert hat. Es ist eine dynamische Stellung mit heterogenen Rochaden, in der Weiß über Raumvorteil und Agriffsmöglichkeiten am Königsflügel verfügt.
 
12...Se5 13.0-0-0
 
10.d5 Lxf3 11.Lxg7 Kxg7 12.gxf3
 
Die verbrauchte Bedenkzeit deutet eindeutig darauf hin, dass sich der Inder noch in seiner Vorbereitung befindet. Das gilt wahrscheinlich auch für Carlsen, der sich nur etwas Zeit nahm, um sich an seine Analysen zu erinnern.
Bedenkzeit
Beide Spieler beginnen mit 2:00 (also zwei Stunden) für die ersten 40 Züge. Anand hat bislang nur drei Minuten von seiner Bedenkzeit verbraucht, befindet sich also jetzt bei 1:57, während Carlsen immerhin schon 21 verbraucht hat und sich jetzt bei 1:39 befindet.
 
9...Lg4 ist der logische Zug jetzt, um den Druck auf den Bauern d4, durch den Angriff auf den Springer g4, indirekt zu verstärken. Und in der Tat, Carlsen greift zum Läufer. 9.Lg4
 
Bis zum 9. Zug von Weiß haben beide Spieler die Züge ohne nachzudenken gespielt, sprich sie befanden sich auf ihnen bekanntem Terrain. Seitdem überlegt aber Carlsen....interessant.
 
Anand wählte mit 5.Ld2 einen Zug, der zwar nicht unbekannt ist, aber nicht zu den Hauptzügen gehört. Der Hauptzug lautet 5.e4, um den Springer auf d5 sofort zu attackieren und ihn zum Schlagen auf c3 zu zwingen. Die Theorie, die danach existiert, könnte ganze Bibliotheken füllen.
 
Grünfeld-Indisch gehört zu den am meisten gespielten Eröffnungen, insbesondere in der Weltspitze. Schwarz überlässt Weiß das Zentrum und greift es indirekt mit seinen Figuren an.
 
So, die Partie läuft. Anand eröffnete mit 1 d4 und Carlsen reagierte mit der Grünfeld-Indischen Verteidigung.
 
1.d4 Sf6 2.c4 g6 3.Sc3 d5 4.cxd5 Sxd5 5.Ld2 Lg7 6.e4 Sxc3 7.Lxc3 0-0 8.Dd2 Sc6 9.Sf3
vor Beginn
Ich spüre, wie die Spannung ansteigt. Es ist der Wettkampf, dem die ganze Schachwelt das ganze Jahr entgegenfiebert. Das Interesse ist nicht nur innerhalb der Schachwelt enorm groß, sondern auch das allgemeine Medieninteresse steigt enorm an bei so einem Wettkampf.
vor Beginn
Dem 44-jährigen Anand traute nach seiner Niederlage im letzten Jahr kaum jemand ein Comeback zu, doch der "Tiger von Madras" schlug beim Kandidatenturnier in Khanty Mansiysk dieses Jahr zurück. Er gewann das Ausscheidungsturnier zur WM deutlich vor seinen höher eingeschätzten Kollegen Levon Aronian oder Wladimir Kramnik und qualifizierte sich für den WM-Kampf gegen Carlsen.
vor Beginn
Ein Jahr, nachdem Magnus Carlsen den Titel durch ein 6,5:3,5 gegen Viswanathan Anand in Chennai (Indien) eroberte, kommt es nun zum Rückkampf zwischen den gleichen Spielern. Der 23-jährige Norweger geht als Favorit ins Match. Er ist die unbestrittene Nr. 1 der Weltrangliste, während Anand "nur" die Nr. 6 ist, und derzeit Weltmeister in drei Disziplinen - Klassisch, Schnell- und Blitzschach.
vor Beginn
Es verbleiben noch 15 Minuten bis zum Beginn der 1. Partie der Schach-WM 2014 zwischen Magnus Carlsen und Viswanathan Anand. Der Wettkampf ist auf zwölf Partien angesetzt, gespielt wird in Sotschi, wo die Olympischen Winterspiele zu Beginn des Jahres stattfanden. Weitere Infos über den Modus erfahren Sie durch einen Klick auf "Fakten", rechts in unserem Ticker.
vor Beginn
Herzlich willkommen zur Schach-WM 2014 in Sotschi.
1.d4 Sf6 2.c4 g6 3.Sc3 d5 4.cxd5 Sxd5 5.Ld2 Lg7 6.e4 Sxc3 7.Lxc3 O-O 8.Dd2 Sc6 9.Sf3 Lg4 10.d5 Lxf3 11.Lxg7 Kxg7 12.gxf3 Se5 13.O-O-O c6 14.Dc3 f6 15.Lh3 cxd5 16.exd5 Sf7 17.f4 Dd6 18.Dd4 Tad8 19.Le6 Db6 20.Dd2 Td6 21.The1 Sd8 22.f5 Sxe6 23.Txe6 Dc7+ 24.Kb1 Tc8 25.Tde1 Txe6 26.Txe6 Td8 27.De3 Td7 28.d6 exd6 29.Dd4 Tf7 30.fxg6 hxg6 31.Txd6 a6 32.a3 Da5 33.f4 Dh5 34.Dd2 Dc5 35.Td5 Dc4 36.Td7 Dc6 37.Td6 De4+ 38.Ka2 Te7 39.Dc1 a5 40.Df1 a4 41.Td1 Dc2 42.Td4 Te2 43.Tb4 b5 44.Dh1 Te7 45.Dd5 Te1 46.Dd7+ Kh6 47.Dh3+ Kg7 48.Dd7+
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