Für Vishy ist das natürlich ein Erfolg, da er sehr kraftsparend mit Schwarz ein Remis erzielte. Die WM bleibt spannend und wird am Freitag mit der zehnten Partie fortgesetzt. Ab 13 Uhr begleite ich den Kampf live und hoffe, dass Sie alle wieder einschalten. Bis dahin, eine schöne Zeit.
Carlsen wurde in der Eröffnung kalt erwischt und forcierte das Remis durch Dauerschach. Eine für ihn ungewöhnliche Vorgehensweise, aber das ist hier die Weltmeisterschaft. Er liegt weiterhin mit einem Punkt vorne und möchte kein unnötiges Risiko eingehen.
Remis
18.Sg5+ Kf6 19.Se4+ Kf7 20.Sg5+
Just als ich schreiben wollte, dass das Schlagen auf f7 Weiß wahrscheinlich nichts einbringt, schlug Carlsen zu. Jetzt kann er, wenn er will, die Züge wiederholen mit 18.Sg5+ usw., aber ich kann mir kaum vorstellen, dass er sich so früh mit Remis zufrieden gibt.
15.exf7+ Kxf7 16.Sg5+ Kf6 17.Se4+ Kf7
Weiß kann jetzt den Druck auf f7 mit 15.Sg5 vergrößern. Schwarz müsste dann auf e6 schlagen und zulassen, dass zwei weiße Springer direkt vor seiner Nase rumtanzen.
Carlsen wählte mit 14.e6 die prinzipielle Fortsetzung. Anand antwortete postwendend mit der Entwicklung seines schwarzfeldrigen Läufers und deutet an, dass er diese Stellung vorbereitet hat.
14.e6 Ld6
Gute Nachricht für alle Anand-Fans. Carlsen denkt lange nach und das zeigt, dass er diese Stellung wahrscheinlich nicht kennt. Das heißt natürlich nicht, dass er nicht weiß, was er machen soll - denn die Motive ähneln sich unabhängig von konkreten Zugfolgen.
Anand hat offensichtlich keine Angst vor 14.e6 und würde höchstwahrscheinlich mit 14...Ld6 und der Entwicklung des Läufers reagieren.
Die Erklärung könnte folgendermaßen lauten: Schwarz wollte zuerst den Springer auf e2 zwingen, sich sofort zu entscheiden, wohin er geht - d4 oder f4. Wenn der Springer nach d4 geht, dann steht der Läufer auf a6 gut, denn nach dem Springertausch folgt sofort ...c5 und der weiße Springer kann nicht das Feld b5 betreten. Wenn Schwarz also sofort 12...Lb7 gespielt hätte, dann hätte Weiß wahrscheinlich 13.Sed4 statt 13.Sf4 gespielt und nach dem Springertausch könnte Schwarz nicht sofort ...c5 spielen, weil der weiße Springer mit starker Wirkung das Feld b5 mit Angriff des Bauern c7 betreten könnte.
Anand stellt seinen Läufer nach b7. Das sieht seltsam aus, da er seinen Läufer ja gerade erst auf a6 aufstellte. Dieses Hin und Her des Läufers und auch das Hin und Her des Königs von d8 nach e8 zeigt, wie eigenartig die ganze Variante ist. Man muss tief in die Geheimnisse eindringen, um nachzuvollziehen, was Schwarz da eigentlich macht.
13...Lb7
Diese Partie, die 2012 gespielte wurde, gewann Dominguez, so dass Anand eine Verbesserung präsentieren muss.
In der Tat. Carlsen möchte keinen Springer tauschen. Zu dieser Stellung gibt es eine Vorgängerpartie zwischen dem Kubaner Leinier Dominguez und dem Ukrainer Ruslan Ponomariov - beides Weltklassespieler. Ponomariov setzte mit 13...Td8 fort und der Idee einen Turm zu tauschen.
13.Sf4
Der Zug 13.Sed4 hat einen kleinen Nachteil. Er lässt nach 13...Sxd4 den Tausch eines Springers zu. Deswegen würde es mich nicht überraschen, wenn er den Springer auf f4 aufstellt.
Der Weltmeister scheint etwas überrascht zu sein von Anands zwei letzten Zügen. Viel häufiger hat Schwarz nämlich in der Vergangenheit zu 11...Le7 gegriffen. Ein Nachteil der Entwicklung des weißfeldrigen Läufers nach a6 ist der Umstand, dass das Feld e6 geschwächt ist und das Motiv des Bauernvorstoßes e6 am Horizont auftaucht.
Carlsen wird seinen angegriffenen Springer nach d4 oder f4 ziehen. Es gibt zu beiden Zügen Vorgängerpartien.
Da Weiß seinen Springer über e2 umgruppierte, öffnete Anand mit 11...b6 eine Route für seinen weißfeldrigen Läufer, um ihn nicht nach e6 zu entwickeln, wo er von einem weißen Springer auf d4 oder f4 attackiert werden könnte. Anand hat jetzt seinen Läufer mit Tempo nach a6 entwickelt.
12.Td1 La6
Im Gegensatz zur siebten Partie blitzen die Kontrahenten nicht die ersten 20 Züge runter, sondern befinden sich jetzt schon auf Terrain, das zwar erforscht aber noch relativ neu ist.
Die Spieler wiederholen die gleiche Variante wie in der 7. Partie. Diese Variante der Berliner Verteidigung der Spanischen Partie führt früh zu diesem Endspiel. Carlsen weicht als erster Spieler mit 11.Se2 ab.
Die Spieler haben ihre Plätze eingenommen...es geht gleich los.
vor Beginn
Die Strategie für den Rest des Wettkampfs ist klar. Anand muss versuchen mit Schwarz beide Partien zu halten und zumindest eine Weißpartie gewinnen. Carlsen wird keine unnötigen Risiken eingehen. Mit Weiß wird er kontrolliert angreifen und wie bisher minimale Vorteile zu verwerten versuchen. Mit Schwarz dagegen geht es auch für ihn darum, das weiße Spiel von Beginn an zu neutraliseren.
vor Beginn
Auf dieser heroischen Verteidigungsleistung beruhend sollte Anand heute genügend Selbtsvertrauen besitzen, um dem Weltmeister Paroli zu bieten. Es stellt sich die Frage, ob er weiter solide mit 1...e5 antwortet auf 1.e4 oder ob er zu Sizilianisch zurückkehrt. Voraussetzung dafür wäre allerdings, dass er die Variante, mit der er in der sechsten Partie verlor, repariert hat.
vor Beginn
Alle Partien eröffnete Carlsen mit dem Doppelschritt des Königsbauern, also 1.e4, so dass wir diesen Eröffnungszug auch heute erwarten dürfen. In der siebten Partie sahen wir eine weit ausanalysierte Variante der Berliner Verteidigung, in der die Kontrahenten die ersten gut 20 Züge aufs Brett schleuderten, bevor der eigentliche Kampf begann. Wir erinnern uns: Carlsen versuchte stundenlang ein Endspiel mit Turm, Springer und zwei Bauern gegen Turm und vier Bauern auf einem Flügel zu gewinnen, bevor er sich nach 6:22 Std. und 122 Zügen mit dem Remis zufrieden gab.
vor Beginn
Nach zwei Dritteln der Schach-WM liegt Magnus Carlsen gegen Viswanathan Anand mit 4,5:3,5 in Führung. Heute darf der 23-jährige Norweger mit Weiß eröffnen und kann mit einem Sieg für eine Vorentscheidung sorgen. Nimmt man die ersten vier Weiß-Partien von Carlsen als Maßstab, liegt die prozentuale Wahrscheinlichkeit immerhin bei 50 Prozent, denn er gewann die zweite und sechste Partie.
vor Beginn
Herzlich willkommen zur Schach-WM 2014 in Sotschi.